Der Berg ruft ... über die größten Alpenpässe

... Die Fahrradtouren im Sommer waren für alle besondere Highlights ....
eine Bericht von Werner Morath aus der Festschrift zum 50. jährigen Jubiläum des SCL 2001

Mit zunehmender Leistungsstärke der Aktiven wurde das Sommertraining immer wichtiger und zunehmend verstärkt. Dazu gehörten auch Übungseinheiten mit dem Rennrad. Bald schon hatten wir im heimischen Raum alle bekannten Strecken abgeradelt, wobei der Kandel von der Waldkircher Seite aus stets eine neue Herausforderung war. Um noch mehr Abwechslung ins Training zu bringen, reifte schließlich der Entschluss, mehrtägige Touren außerhalb der engeren Heimat zu unternehmen und die bekanntesten Alpenpässe in der Schweiz , in Österreich und in Frankreich in Angriff zu nehmen.
Im Laufe der Jahre beteiligten sich daran:Hubert und Hermann Schlegel, Klaus Straub, Manuela Straub, Martin Albrecht, Daniel Eckmann, Heiko Hitz, Xaver Knöpfle, Joachim und Michael Willmann, Winfried Knöpfle, Matthias Heizmann. Unser Skikamerad Georg Grieb vom WSC Bannholz-Höchenschwand stellte uns seinen Bus zur Verfügung.
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Die ersten Touren führten in die Zentralschweiz. Neben dem Susten-, Furka-, Grimsel-, Klausen- und Oberalppass war der Nufenen eine der härtesten Bewährungsproben. Einige Kehren unterhalb der Passhöhe auf fast 2500 m überholte uns ein Bus aus Holland. Die Fahrgäste waren von unserer Leistung so beeindruckt, dass sie uns oben mit stehenden Ovationen empfingen. Nach einer rasanten Abfahrt nach Airolo erklommen wir in einem langen Anstieg den Gotthard. Da neben dem schon recht anstrengenden Radfahren auch noch die gesamte Logostik wie Einkäufe und die abendliche Quartiersuche von uns bewältigt werden musste, nahmen wir uns ein Vorbild bei den großen Rennställen und suchten einen Sponsoren.

Diesen fanden wir in unserem Skikameraden und Freund, dem Dachdeckermeister Ernst Walter. Er besorgte für uns einen Bus und stellte sich auch als Fahrer zur Verfügung, wobei Edelbert Schlegel als Begleitperson fungierte.
Beide hatten es oft nicht leicht. Bei stockendem Verkehr oder bei Staus hatten sie uns bald aus den Augen verloren und waren dann in großer Sorge, nicht nur den Weg sondern auch uns wieder zu finden. Einmal führte uns eine Ausfahrt vom Bodensee über den Lindenberg nach Sonthofen, übers Oberjoch nach Reutte und von dort über den Fernpass, das Paznauntal hinauf zur Silvretta, hinunter ins Montafon und das große Walsertal hinauf nach Damüls. .....

Obwohl wir uns am Anfang der Touren immer wieder fest vornahmen beieinander zu bleiben und in der Gruppe zu fahren, waren diese Vorsätze schon nach wenigen Kilometern vergessen. Auf den Flachstücken wurde um jede Handbreit Windschatten verbissen gekämpft. Grundsätzlich angegriffen wurde an den Anstiegen.
Am Gipfel wartete dann schon das Begeitfahrzeug mit trockenen Kleidern und erfrischenden Getränken. Allmählich wurde es immer schwieriger neue Touren zu finden. Ich holte mir dabei gern Rat bei Egon Hirt. Auf seine Empfehlung hin starteten wir eine Fahrt vom Bodensee aus in Richtung Österreich über das Bödele mit Hochtannbergpass und Hahntenn-Joch als absoluten Härtetest.
Um uns die tägliche Suche nach einer Unterkunft zu ersparen, nahmen wir im Tenniszentrum von Bad Ragaz Quartier. Von dort aus starteten wir Tagestouren nach Arosa, Klosters, Davos, über den Flüela-Pass nach St. Moritz und den Julier nach Tiefenkastel und Chur. Alle waren stolz, als auch der Albula bezwungen war. Wir hatten fast immer das Wetterglück auf unserer Seite. Einmal allerdings ließ uns Petrus arg im Stich. Bei der Fahrt von Dornbirn über Balderschwang, Sonthofen nach Hindelang zum Oberjoch goss es den ganzen Tag in Strömen und wir kamen total durchnässt und unterkühlt am Ziel an und waren froh, als wir nach langer Suche endlich in der bewirteten Alpe Kermansried aufgenommen wurden. Auch am anderen Tag bei der Fahrt über Reute nach Oberammergau regnete es fast ohne Unterbrechung. Am dritten Tag endlich strahlte die Sonne und das Nass im Starnberger See war bedeutend angenehmer als das von oben.
Auch Frankreich blieb von uns nicht verschont. Kernstück dieses Unternehmens von Genoble nach Chamonix war natürlich der Anstieg zur Alpe d’Huez. Nachdem wir bei glühender Hitze einen Anlauf von etwa 100 km genommen hatten, kam das von der Tour de France bestens bekannte legendäre letzte Teilstück. Unter Auferbietung der letzten Kraftreserven und geplagt von Muskelkrämpfen erreichten wir am späten Nachmittag Alpe d’Huez.
In drei Tagen mit jeweils 150 km führte uns eine der Fahrten von Langenordnach über den Schwarzwald nach Neustadt/Weinstraße und weiter über Idar-Oberstein nach Bernkastel-Kues an die Mosel. Unsere Gastgeber, ehemalige Kurgäste im Hause Schlegel, meinten es sehr gut mit uns und tischten mächtig auf. Der Moselwein machte uns Schwarzwäldern bald schwere Beine und arg zu schaffen, so dass wir nach dem Besuch eines Freilufttheaters, das mitten in der malerischen Häuserkulisse des Ortes stattfand, bald todmüde einschliefen.
Die Schiffahrt anderntags auf der Mosel war sicher für alle ein bleibendes Erlebnis. Die letzte gemeinsame Radtour führte uns an den Bieler See und in den Schweizer Jura, weil wir wegen nachlassender Kondition die hohen Pässe meiden wollten. Wir wurden aber bald eines besseren belehrt. Der Le Chasseral verlangte uns trotz seiner 1600 m Meereshöhe aber mit durchgehend mindestens 10% Steigung alles ab. Natürlich kam bei unseren Touren die Geselligkeit nicht zu kurz. Abends saßen wir immer in gemütlicher Runde beisammen und freuten uns, wenn Ernst Walter wieder “Spendierhosen” anhatte und nicht nur den Bus sondern auch Speis und Trank bezahlte.
Bei der Fahrt über die Silvretta verbrachten wir den Abend in Partenen. Dort war unser Michael unterhaltungsmäßig in Hochform. Als “Mikel vom ZDF” forderte er die Bedienung zu einer gewagten Bierkrugwurfwette heraus und sorgte für Unterhaltung im ganzen Saal. Wenn sich auch mancher während der mit diesen Touren verbundenen körperlichen Strapazen die Frage stellte, warum er sich dies antue, waren danach doch alle stolz auf die vollbrachte Leistung, den Teamgeist, die erlebte Kameradschaft und heute möchte sicher keiner mehr die Erinnerung und die imposante Bergwelt der Alpen missen.

 Werner Morath

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